Letzte Woche „Im Netz“

Mittwoch: Themenabend im Ersten über das Netz, eigentlich über Das Netz – also nicht irgendeine x-beliebige Matrix, sondern eben DAS Netz, das Netz der Netze, das Zwischennetz, das … ja, das Internet. Schon am 10. März hatten uns die Hamburger Tatort-Kommissare Nick Tschiller und Yalcin Gümer die Wunder moderner Zugangstechnik bewundern lassen: live-Videostreams aus Gümers Wohnung drahtlos ins Krankenhaus, ohne Latenz und in Heimkinoqualität – so schön kann das Netz im Fernsehen
sein, konstatieren wir staunend und neidisch, während wir mal wieder „ohne Netz“ im ICE sitzen.

Die Erde eine Scheibe?

Und jetzt ein ganzer Themenabend zum Netz im Fernsehen. Können die das überhaupt? – Nun, das ist hier nicht die Frage, sie könnten das bestimmt, beschränken sich aber leider oft auf klischeehafte Darstellungen, entweder boah-wie-toll-was-da-alles-möglich-ist oder mensch-dieses-Internet-das-ist-doch-schlimm-was-da-alles-möglich-ist, je nach Bedarf. Natürlich dürfen fiktionale Formate sich gewisse Freiheiten und Lässlichkeiten erlauben, aber würden wir ernsthaft noch einen fiktionalen Charakter akzeptieren, für den die Welt eine Scheibe ist und Strom „halt einfach so“ aus der Steckdose kommt? Nein, auch ein fiktionaler Charakter muss heute im Rahmen der Naturgesetze und anerkannten Regeln der Technik agieren, und Netzkompetenz gehört dazu.

Deshalb hier der Versuch eines Netzwerk-Faktenchecks. Der Tatort „Willkommen in Hamburg“ hätte damit sicher ein paar Probleme, so viele Augen kann man gar nicht zudrücken. Wenigstens wird das Passwort für die geheimen Daten in Dubai nicht gehackt (unrealistisch!), sondern lege artis erpresst, und es ist sogar ein ziemlich sicheres (weil kompliziertes).

Netzwerkcheck: „Im Netz“ im Ersten

Fernsehfilm „Im Netz“ (D 2013) – Aus Netzwergsichd würde der Franke sagen, dass das schon „passt“. Der Fernsehfilm geht erfreulich selbstverständlich mit den Techi-Themen um, das sollte zwar eigentlich keine Erwähnung wert sein, ist es aber. Die Fakten stimmen, aber sie lenken nicht ab; sie bleiben im Hintergrund, und da gehören sie in einem fiktionalen Werk auch hin. Sehr schön auch: Der Film war bereits vor der abendlichen „Erstaufführung“ im Classic-TV im Internet abrufbar. So lieben das die Netizens.

Dokumentation „Im Netz: Die Spur der Datendiebe“ (D 2013) – Obschon in der Navigation auf daserste.de als „Dokumentation zum Film“ gelabelt, ist die Doku ein eigenständiges Werk und kein Appendix zum Fernsehfilm. Sie widmet sich dem Identitätsdiebstahl, der Voraussetzung und Ausgangspunkt der Filmhandlung ist, und beleuchtet seine technischen Aspekte ebenso wie die Perspektiven der Opfer und Täter. Das alles wird dicht und packend präsentiert, noch dazu angenehm sachlich und sachkundig, und weitab von der staunenden Fassungslosigkeit, mit der Netzwerkthemen sonst oft behandelt werden. Schrieb ich „staunende Fassungslosigkeit“? Meinte wohl eher „naive Unwissenheit“ oder „reißerische Dramatik“, je nach Medium… Aus Netzwerkersicht also spannende und lohnende dreißig Minuten für auf-dünnem-Eis-Gehende genauso wie eh-schon-alles-Wissende, und auch diese 30 Minuten sind noch ein paar Tage im Netz anzusehen. Lohnt sich allein schon, um einmal das Wort „Einmalpasswörter“ im deutschen Fernsehen zu hören.

Fazit

Netzwerkcheck bestanden – ein gelungener Thementag im Fernsehen, lohnenswert und lehrreich. Und: der Schlüssel zu unserer Identität sind (noch) die Passwörter. Weil die Anbieter damit nicht immer sorgfältig umgehen, brauchen wir (ja, auch der Autor) bessere und für jeden Dienst unterschiedliche :-(. Bei „Willkommen in Hamburg“ war das Passwort für den „Server in Dubai“ übrigens CarsonProtocol7-0-0-2-9 (oder so ähnlich, man nuschelt ja ein bisschen) – damit ist auch dieser Tatort in Sachen Netzwerk weitgehend rehabilitiert.

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