Bei meinem Zahnarzt steht noch ein Fernsprechtischapparat 01 LX von der Deutschen Bundespost. Darauf der deutlich verblichene Werbekleber „Ruf doch mal an“. Wir lächeln über das Arrangement aus einer anderen Zeit. Doch jetzt ist die SMS dran: Meine Kinder nutzen sie schon nicht mehr, ihr Grabgesang ist intoniert in IP-Moll, dirigiert von Koum und Acton. Die beiden Herren haben vor fünf Jahren WhatsApp an den Start gebracht – zum Jahresende werden sie um 19 Milliarden US-Dollar aus dem Hause Facebook reicher sein. Koum und Acton schreiben Geschichte: Mobilfunkfirmen werden zu IP-Lieferanten, Kurznachrichten und zukünftig auch Sprachtelefonie gehen über „das Netz“ – via WhatsApp alias Facebook. Eigentlich prima, gäbe es da nicht einen Schönheitsfehler: Der Facebook-Server liest permanent mit, hört mit, speichert. Manche stört das, sie rufen „Threema“ und „Textsecure“. Wir haben die sicheren Alternativen angeschaut.
Unser Interesse gilt Instant-Messagern fürs Smartphone, die Kurznachrichten zuverlässig verschlüsselt via Internet transportieren und dabei den Komfort von SMS und WhatsApp bieten. Im Vorfeld aussortiert haben wir Telegram, weil die verwendete Krypto-Technik recht eigenwillig gestrickt sowie die Firmenpolitik des russischen Social-Network-Unternehmens undurchsichtig ist. ChatSecure macht einen guten Eindruck, ist aber wie der Name schon sagt eher ein Chat-Programm mit dem Nachteil, dass es nur funktioniert, wenn der Partner ebenfalls online ist. http://heml.is/ klingt interessant, steckt aber noch in den Kinderschuhen.
Threema
Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Als WhatsApp-Alternative empfehlen wir derzeit Threema. Threema ist schick, kann alles was WhatsApp auch kann und verschlüsselt die Nachrichten zuverlässig mit solider Open-Source Ende-zu-Ende-Kryptotechnik. Auch der Serverbetreiber kann – selbst auf Geheiß wildgewordener Geheimdienste – nicht an die Nachrichten ran. Lediglich der Nutzer hat seinen persönlichen privaten Schlüssel zum Öffnen der Nachrichten, die zum Versenden nötigen öffentlichen Schlüssel der Kommunikationspartner werden vom Threema-Server bereitgehalten und komfortabel an die Kommunikationspartner verteilt.
Kritikpunkt: Threema ist Closed Source Software, der Quellcode (und das Unter-Verschluss-Halten des persönlichen Schlüssels) kann nicht überprüft werden. Trotzdem scheinen viele Android- und iOS-Nutzer dem „Made in Switzerland Produkt“ Vertrauen entgegenzubringen: 2014 spielt Threema in der Liga der beliebtesten kostenpflichtigen Apps im deutschsprachigen Raum.
TextSecure
Das aktuelle Non-Plus-Ultra in Sachen überprüfbarer Sicherheit ist TextSecure: Die Software kommt als alternative SMS-App für das (Android-)Smartphone daher (iOS- sowie Desktop-Clients sind geplant) und kann auch genau das, was eine SMS-App können soll. TextSecure kann verschlüsselt kommunizieren via SMS-Mobilfunk und IP. Sowohl TextSecure-Client als auch -Server sind OpenSource und somit 100%ig überprüfbar. Nachteil im Alltag: TextSecure verhält sich wie Old-School-SMS, es sind beispielsweise nur Nachrichten bis 160 Zeichen möglich. (Aktualisierung: TextSecure ging in den heute gebräuchlichen Messenger Signal ein.)
Resumee des Autors
Auch wenn mich die besonders sicherheitsorientierten Kollegen vom Chaos-Computer-Club schlagen mögen: Mir gefällt Threema recht gut, es fühlt nach „Gegenwart“ an, mein größtes Sicherheitsleck unterwegs ist ohnehin der Android-Unterbau meines Mobilgeräts, dem ich nur bedingt vertraue.
Nur ein Problem habe ich nach wie vor: Ich hätte gern eine Textnachrichten-Applikation, die auf dem Smartphone, dem Fernseher, dem Linux-Laptop und dem Apple-Gadget läuft – auf allen Geräten synchron, in Echtzeit und zuverlässig Ende-zu-Ende verschlüsselt. Das schafft bisher nur die Technik aus der Zeit des Post-Telefons: E-Mail. Wenn man sie verschlüsselt.
Stiftung-Warentest zu sicheren WhatsApp-Alternativen:
http://www.test.de/WhatsApp-und-Alternativen-Datenschutz-im-Test-4675013-0/
Aktualisierung: Einen Blick wert ist auch der sehr universelle und solide Messenger Wire, der für alle gängigen Plattformen (Computer und Mobilgeräte) erhältlich ist.
Charlotte schrieb am :
Es gibt schon einige sehr gute Alternativen, auf die man zurückgreifen kann, aber jedem Nutzer sollte klar sein, dass auch hier keine absolute Sicherheit der eigenen Daten geboten wird, was z.B. bei Whatsapp auch bemängelt wird. Man sollte sich also vorher überlegen, welche Informationen man freigibt und welche nicht.